Gerichtliche Entscheidungen zur Enterbung und Erbunwürdigkeit
Die Themen Enterbung und Erbunwürdigkeit gehören zu den sensibelsten und zugleich komplexesten Bereichen des Erbrechts. Enterbung bedeutet, dass ein Erblasser einen gesetzlich oder testamentarisch begünstigten Erben ausdrücklich vom Erbe ausschließt. Gerichte prüfen in solchen Fällen sehr genau, ob die Voraussetzungen für eine wirksame Enterbung vorliegen, da dies tiefgreifende Konsequenzen für die Erben hat. Eine Enterbung muss ausdrücklich im Testament oder Erbvertrag erklärt werden, und der Enterbte kann dennoch Anspruch auf den Pflichtteil haben, sofern ihm dieser nicht ebenfalls entzogen wurde.
Die Erbunwürdigkeit ist eine noch weitergehende Sanktion. Sie führt dazu, dass eine Person als Erbe von Anfang an ausgeschlossen wird, ohne dass es eines besonderen Testaments bedarf. Die Gerichte setzen Erbunwürdigkeit in Fällen voraus, in denen der Erbe gegen den Erblasser oder nahe Angehörige schwerwiegende Verfehlungen begangen hat. Typische Gründe sind beispielsweise vorsätzliche schwere Straftaten gegen den Erblasser, wie etwa versuchte oder vollendete Körperverletzung oder Mord, aber auch schwere Pflichtverletzungen, wie zum Beispiel das absichtliche Verhindern der Testamentserrichtung oder eine sittenwidrige Beeinflussung des Erblassers.
Die Rechtsprechung betont stets, dass Erbunwürdigkeit nur in Ausnahmefällen zu bejahen ist und sehr strenge Anforderungen an den Nachweis stellt. Hierbei spielen Beweismittel und die genaue Prüfung der Umstände eine entscheidende Rolle. Eine bloße Streitigkeit oder ein zwischenmenschlicher Konflikt reicht in der Regel nicht aus. Vielmehr müssen schwere, nachweisbare und objektiv nicht entschuldbare Handlungen vorliegen, die eine enge Vertrauensbasis zwischen Erblasser und Erbe zerstört haben.
Darüber hinaus untersuchen Gerichte häufig, ob ein enterbter oder als erbunwürdig angesehener Erbe noch andere Ansprüche geltend machen kann, etwa den Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzungsansprüche. Auch die Frage der Tilgung von Enterbung oder Erbunwürdigkeit durch nachträgliche Verhaltensänderungen ist Gegenstand diverser Urteile. Dabei zeigt die Rechtsprechung eine gewisse Offenheit, wenn der Erbe sich nachhaltig versöhnt oder Wiedergutmachung geleistet hat.
Wichtige Erkenntnisse aus der Rechtsprechung zur Enterbung und Erbunwürdigkeit:
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Enterbung muss ausdrücklich und eindeutig testamentarisch erklärt werden, Pflichtteilsansprüche bleiben meist bestehen.
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Erbunwürdigkeit setzt schwerwiegende, nachweisbare Straftaten oder sittenwidrige Handlungen gegen den Erblasser voraus.
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Gerichtliche Nachweise müssen klar und überzeugend sein; bloße Konflikte reichen nicht aus.
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Erben können trotz Enterbung Ansprüche auf Pflichtteil oder Pflichtteilsergänzung haben.
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Nachträgliche Versöhnungen oder Wiedergutmachungen können die Folgen der Enterbung oder Erbunwürdigkeit mildern.

